Arrigo Sacchi: UNSTERBLICH

Arrigo Sacchi genügten drei Jahre, um sich und sein Milan in der Entwicklung des modernen Fußballs zu verewigen. Heute wird der Maestro 75:

Einmal ist keinmal, dachte sich Silvio Berlusconi wahrscheinlich. Als die AC Mailand, deren Geschicke er eben erst übernommen hatte und die er zum größten Klub Europas formen wollte, 1986/87 aber gleich zweimal im Pokal gegen Zweitligist Parma verlor, schnappte sich der Mogul dessen unbekannten Trainer. Konnte ja schließlich kein Zufall sein.

Ohne Libero, Überzahl in Ballnähe

Der eigenwillige Schuhverkäufer Arrigo Sacchi, der als nur mäßig begabter Fußballer stets beschwor, kein Pferd gewesen sein zu müssen, um als Jockey etwas zu taugen, tickte anders als die traditionellen italienischen Fußballgeister. Er dachte offensiv, proaktiv, ohne Libero und hatte laut Erfahrungsberichten seiner verzweifelten Gegner immer irgendwie ein, zwei Mann mehr auf dem Platz.

Berlusconi setzte sein volles Vertrauen in den “Nobody”, dem schon mit Anfang 40 nur noch Büschel hellgrauer Resthaare geblieben waren. Und doch war es Sacchi, der erst Fußball-Italien und dann Fußball-Europa alt aussehen ließ. Dank seiner Interpretation von Raum und jeder Menge Dynamik wurden die Rossoneri 1987/88 auf Anhieb Meister, ein Jahr später gewannen sie den Landesmeister-Cup (wozu es beinahe nicht gekommen wäre) – den sie sogar verteidigen konnten.

Arrigo Sacchis AC Mailand, Saison 1988/89.

Seine Star-Stürmer Ruud Gullit und Marco van Basten ließ Sacchi zu Milans ersten Verteidigern werden, auch sie halfen, das hohe Pressing und damit eine regelrechte Fußballrevolution anzustoßen. Viel Kompaktheit, viel Verschieben, viel Diagonalität, viele Dreiecke und viele Abseitsfallen durch eine hohe letzte Kette – eine Viererkette.

An Sacchis kollektiven Methoden, die im engstirnigen italienischen Fußball selbst in den erfolgreichen Jahren sehr kritisch beäugt wurden, orientierten sich europaweit zahlreiche Trainer – schon Ende der 80er und noch heute. Zu ihnen zählt auch Pep Guardiola, in Deutschland etwa Ralf Rangnick oder Jürgen Klopp.

Auch wenn Sacchis große Milan-Ära ob gewisser Verschleißerscheinungen und einer neuen Herausforderung 1991 schon wieder endete und die folgende Ägide als italienischer Nationaltrainer trotz des WM-Finals 1994 wegen des anhaltenden Gegenwinds keine besonders erfolgreiche war, haben die “Unsterblichen” – wie Sacchis Milan ehrfürchtig genannt wurde – den modernen Fußball für immer verändert.

Zwar nicht unbedingt in Italien selbst, aber ungefähr überall sonst.

Tanti Auguri!

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