Am Tag, als Cristiano Ronaldo sich entschloss, bei Juventus Turin ein neues Kapitel aufzuschlagen, konnte er ein altes endlich beenden. Nach zwölf langen Jahren.
Sein eiserner Wille hat “CR7” schon oft ans Ziel geführt – oder zum Beispiel dahin, dass ein jeder Fußballfan weiß, wer mit diesem einprägsamen Kürzel gemeint ist. Zwei Buchstaben und eine Zahl, die in den großen Jahren bei Real Madrid für die höchste Form des Spektakels standen. So auch am 3. April 2018, im Champions-League-Viertelfinale gegen Cristiano Ronaldos kommenden Arbeitgeber Juventus Turin.
Gerade einmal zwölf Sekunden vergingen zwischen dem Moment, in dem CR7 einen Fehlpass von Giorgio Chiellini zurück auf Gianluigi Buffon erlief – und dem Moment, als nach Dani Carvajals Flanke auf den neu positionierten Cristiano Ronaldo der Ball im Tor einschlug. Und wie.
Dabei dauerte die Odyssee des Portugiesen zum heiß ersehnten Fallrückzieher-Tor nicht etwa zwölf Sekunden – sondern mindestens zwölf Jahre.
CR7 hatte sich bereits auf der Suche befunden, als er erstmals für Manchester United spielte und im Nationalteam noch CR17 war. Endgültig losgetreten wurde diese Obsession wohl, nachdem er 2006 gegen Aserbaidschan ein astreines Fallrückzieher-Tor erzielt hatte – das nicht zählte, obwohl der Ball die Linie eindeutig mit vollem Umfang überquert hatte.
Von da an legte sich der Superstar wieder und wieder quer in die Luft, versuchte es aus sämtlichen Distanzen und Winkeln. Seine ab und an ein wenig verzweifelt anmutende Reise setzte sich – gar noch zielstrebiger – im Trikot von Real Madrid fort.
Eine versehentliche Vorlage
Regelmäßig traf ein verkrampfter Cristiano Ronaldo den Ball nicht richtig – oder manchmal auch gar nicht. In der Saison 2011/12 beförderte er einen Fallrückzieher gegen Getafe zumindest mal an den Pfosten; 2013/14 gegen Betis legte er, weil die Kugel abrutschte, Mitspieler Alvaro Morata auf diese Weise versehentlich ein Tor auf.
Es schien, als sollte es einfach nicht sein. Denn etwas später in dieser Saison gelang CR7 gegen Granada die perfekte Ausführung, aus sechs Metern aber nicht die perfekte Platzierung. Keeper Roberto Fernandez parierte stark.
Im April 2018 hatte Cristiano Ronaldo dann eigentlich alles erreicht. Zum fünften Mal war er einige Wochen vorher “Weltfußballer” geworden, auch, weil es ihm mit Real Madrid gelungen war, als erstes Team überhaupt die Champions League zu verteidigen. Ein Jahr zuvor hatte er bereits Portugal als Top-Scorer zum EM-Titel geschossen – der erste große Triumph seiner Nation, in deren Trikot er 2017 gegen Färöer wenigstens mal per Seitfallzieher erfolgreich gewesen war.
Zu perplex, um standesgemäß zu jubeln
Doch dieses eine große Ziel hatte der fleischgewordene Ehrgeiz noch immer nicht verwirklicht. Die lange Reise war noch nicht zu Ende. Bis sie es plötzlich doch war. Und Cristiano Ronaldo sich selbst so sehr überrascht hatte, dass er sogar vergaß, seinen unvermeidlichen Trademark-Torjubel aufzuführen.
Typisch CR7 war es schließlich – auf dem Weg zum dritten CL-Titel in Folge – nach all diesen Jahren natürlich das nahezu perfekte Fallrückzieher-Tor zu erzielen. Was die gegnerischen Fans von Juventus dazu bewog, dem Portugiesen anerkennende Ovationen zu spenden. Was diesen dazu bewog, im folgenden Sommer nach Turin zu wechseln.