Walter Frosch war als Fußballer so gut, dass ihn einst sogar die Bayern wollten. Warum er doch nicht nach München wechselte und zwar oft verwarnt wurde – aber nie wegen Meckerns:
Manche Videos hat wohl jeder Fußballfan schon mindestens einmal gesehen. Etwa Marco Vorbecks “Ich trink ‘nen Sekt vielleicht”. Oder eben jenen Clip eines Mannes, der gerne mehr trank als einen Sekt. Und das nicht nur vielleicht.
Das sonderbare Interview Walter Froschs am Rande eines geselligen Legenden-Spiels. Die Stimme rau, der Körper ausgemergelt, verschmitzt-verzweifelt lachend die Schachtel Kippen im Stutzen. Eine Szenerie, die durchaus komisch anmuten mag. Wenn ich das Filmchen sehe, tut mir Frosch, zur Lachnummer verkommen, vielmehr leid. Nicht, dass er die vom Krebstod mit 62 Jahren vollendeten Schattenseiten seines ausschweifenden Daseins nicht irgendwo in Kauf genommen hätte. Diesen Satz, hart wie eine Frosch-Grätsche, hätte er mit Sicherheit unterschrieben.
Ein talentierter Fußballer war er allemal, der immer schon dürre Kerl mit dem prächtigen Masse-Schnauzer. Aufblühen sah man ihn aber hauptsächlich abseits des Rasens, wo er zu Trainer Erich Ribbecks Unmut “die jungen Spieler versaute”. Die Frosch sich schnappte und nachts mit ihnen standesgemäß um die Häuser zog – regelmäßig und größtenteils unbestraft. Die wilde Fußballwelt der 1970er Jahre. Frosch rechtfertigte mit Leistung.
Verkatert spielte er – irgendwie logisch – meistens am besten, also teilweise wirklich gut. Und Frosch wusste das. Denn als er sich einmal eine Nominierung für die damalige B-Nationalmannschaft erspielt hatte, lehnte der Auserkorene dankend ab: “Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Nationalmannschaft – oder in der Weltauswahl.” Nicht auf den Schnauzer gefallen.
Also keine Länderspiele. Obwohl Frosch, Jahrgang 1950, in jungen Jahren so gut spielte, dass sogar Landesmeister-Champion FC Bayern ihn 1974 verpflichten wollte. Beckenbauer, Schwarzenbeck, Frosch? Doch auch der 1. FC Kaiserslautern hatte ein vom Objekt der Begierde unterzeichnetes Arbeitspapier vorliegen. Frosch saß das Hin und Her gelassen auf Mallorca aus, der DFB schritt ein und entschied auf einen Wechsel zum FCK. What could have been.
Er rauchte, er soff, er ernährte sich alles andere als gesund. Und er versaute die jungen Spieler. Walter Frosch, der Schrecken aller Trainer? Mitnichten. Zumindest nicht für damalige Verhältnisse. “Einen Spieler wie Walter wünscht man sich auf dem Platz. Er war immer bereit, alles zu geben. Hat schon ordentlich mitgemischt, war aber nicht brutal oder unfair. Außerdem hat er seine Kameraden immer mitgezogen, manchmal auch mit etwas deftigen Worten”, schwärmte sein einstiger Trainer Diethelm Ferner.
Für Lautern und später St. Pauli stellte Frosch ein paar Jahre lang eine solide Konstante in der Bundesliga dar und machte auch einen Zwangsabstieg in die Unterklassigkeit mit. Bayern nein, Nationalmannschaft nein, Weltauswahl nein – aber in die Jahrhundert-Elf des FC St. Pauli hat er es geschafft. Passt doch auch viel besser zu ihm.
Nach seiner aktiven Zeit – auch das passte – schenkte Frosch in der Stadion-Gaststätte von Victoria Hamburg aus – oder stellt euch Walter Frosch mal als noblen FC-Bayern-Repräsentanten vor. Victoria veranstaltet seit 2012 das “Walter-Frosch-Turnier”, eine Benefiz-Veranstaltung, deren Ertrag krebskranken Kindern zugutekommt.
Immer freundlich, nett und optimistisch. So wird Frosch von so ziemlich jedem beschrieben, der ihn kannte. Den Mann, wegen dessen Hang zum Zeichen setzen angeblich einst die Gelbsperre eingeführt wurde, konnte man nicht nicht mögen, sagen die Leute. “Macht euch um mich keine Sorgen”, sagte Walter selbst, sich nie über seinen gesundheitlichen Zustand beschwerend. “Wir meckern hier in Deutschland sowieso zu oft. Uns geht es gut.”
Er hat es gelebt.